KSJ Trier

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Katholische Studierende Jugend Diözese Trier

Wir lesen Papst (Bericht von Jonas)

11. Dezember 2013 | Kommentare deaktiviert für Wir lesen Papst (Bericht von Jonas)

Theologische Tagung vom 7. und 8. Dezember in Rascheid

Ursprünglich hatten wir Sr Dagmar Plum vom jesuitischen Flüchtlingsdienst für die diesjährige Tagung eingeladen. Doch leider hat in Berlin und Umgebung der Schnee der letzten Woche den kompletten Zugverkehr außer Gefecht gesetzt, sodass sie nicht zu uns kommen konnte. Einige Teilnehmer_innen haben daher kurzerhand einige Texte des Papstes vorbereitet. Ja richtig: des Papstes. Vergewissert euch ruhig noch mal, ihr seid auf der Homepage der KSJ Trier und das hier ist auch kein Witz.

Ich gebe zu, dass es ein durchaus interessantes, wahrscheinlich aber nicht sonderlich ertragreiches, Unterfangen wäre, in sämtlichen Geschichtswerken des Verbandes nachzugucken, wann wir das letzte Mal Texte des Papstes auf einer Theologischen Tagung gelesen haben. Zumindest, wann wir sie das letzte Mal mit Begeisterung gelesen haben und nicht um sie anschließend auseinander zu nehmen. Doch es scheint ganz so, als hätte die Kirche mit Franziskus ein Oberhaupt, das gar nicht so sehr zum hierarchiebetonten, dogmatischen und oftmals reaktionären Kurs passt, durch den sich die Katholische Kirche in ihren Strukturen leider zu oft auszeichnet. Im Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudi(um)“1präsentiert sich Franziskus in angenehmer Weise als äußerst kritischer und zudem feinfühliger Mensch.

Es soll nicht verschwiegen werden, dass auch dieser Papst nicht unfehlbar ist, dass auch er zum Beispiel Opfer eines kruden und romantisierenden Frauenbildes ist.

Zunächst einmal fällt auf, wie oft er das Wort „Freude“ bereits in den ersten Artikeln des Schreibens verwendet. „Es gibt Christen, deren Lebensart wie eine Fastenzeit ohne Ostern erscheint“2. Das klingt vielversprechend. Dass es andererseits genügend Anlässe für Traurigkeit, oder eher Zorn, gibt, ist offensichtlich. In den Artikeln 50 bis 60 etwa findet sich eine scharfe Kritik an den herrschenden Verhältnissen, an einem Wirtschaftssystem, dass nicht den Menschen tötet anstatt ihm zu dienen und Kritik scharfe Kritik an der Gesellschaft, die sich aus diesem Wirtschaftssystem ergibt.

Auffällig ist die Sprache, die Franziskus verwendet: Sie ist unheimlich klar und verständlich, scheint überhaupt nicht dogmatisch und elitär. Gleichzeitig ist sie trotzdem Ausdruck einer beeindruckenden inhaltlichen Tiefe und Reflexion. Vor allen Dingen aber, klingt sie an keiner Stelle frustriert. Außerdem lassen Formulierungen, wie „Ich lade ein“3 aufhorchen, da sie so gar nicht päpstlich klingen.

Weniger schön sind aber die Artikel über die Rolle der Frau (allen voran Artikel 103 und 104). Möchte man wohlwollend sein, so könnte man sagen, Franziskus hat versucht, Wertschätzung zu zeigen, die aber aufgrund seines veralteten und romantisierenden Rollenbildes in patriarchale Überheblichkeit gekippt ist.

So viel vielleicht zum Apostolischen Schreiben, denn die Tagung war viel mehr als nur das.

Erwähnenswert ist vielleicht, dass einige Teilnehmer_innen einen Brief an Franziskus verfassen, in dem sie ihn auf die kritischen Punkte ansprechen.

Spät abends stand noch ein Überraschungsgast vor der Tür: Der Nikolaus. Er war gerade am dem Ende seiner diesjährigen Tour angelangt und gerade als er den nächsten Mondstrahl in Richtung zu Hause nehmen wollte, hatte er das Licht im Jugendhaus Rascheid gesehen. In einem Gedicht prangerte er die menschenunwürdige Flüchtlingspolitik Europas und Deutschlands an. Weil es nur der Sache dienen kann, war er einverstanden, das Gedicht auf unserer Homepage zu veröffentlichen4

Der Abend endete schließlich mit Wein, Musik und vielen interessanten Gesprächen. Am nächsten Tag nahmen wir uns noch mal zwei Stunden Zeit für den Text der Tagung, feierten anschließend Gottesdienst und fuhren nach dem Mittagessen und Kaffe wieder in verschiedene Richtungen nach Hause.

Es waren zwar nur knapp zwei Tage, aber die waren dafür verdammt schön! Ich könnte in diesem Zusammenhang über die Unterschiede zwischen einem quantitative Zeitbegriff und einem qualitativen Zeitbegriff philosophieren. Aber das würde der Sache nicht gerecht, daher erspare ich das allen Leser_innen

1 Das Schreiben kann hier als pdf heruntergeladen werden: http://www.vatican.va/holy_father/francesco/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium_ge.html

Die folgenden Zitate beziehen sich auf das Dokument.

2 Evangelii Gaudium, Art. 6, S.6.

3 Evangelii Gaudium, Art 17, S.10.

4 Nikolausgedicht