KSJ Trier

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Katholische Studierende Jugend Diözese Trier

„Es liegt so still da und zeigt doch große Wirkung“

19. April 2012 | Kommentare deaktiviert für „Es liegt so still da und zeigt doch große Wirkung“

Über die ersten Tage des „Am Boden“-Projekts

Nach einer sehr engagierten und intensiv geführten Vorbereitungszeit war es am Freitag den 13. April endlich soweit: Die „Am Boden“ Ausstellung, das Projekt der KSJ im Zuge der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 in Trier wurde endlich eröffnet.

Der Andrang an Interessierten, Beteiligten und der Presse war außerordentlich groß. Als besondere Gäste sind hierbei zum Beispiel das Ehepaar Margret und Werner Müller aus Köln zu nennen, welches der KSJ das KZ-Gewand zur Verfügung stellt, Monika Groß vom SKF, Anja Peters und Frank Kettern vom BDKJ Vorstand und Georg Mertes von der Gedenkstätte „SS-Sonderlager Hinzert“, der auch im weiteren Verlauf des Projektes einen Gastvortrag halten wird. Der Schulpfarrer Joachim Keil und Ariadne Baresch von der Stadtgruppe Bendorf begleiteten die Niederlegung des Gewandes in den Räumen der KSJ-Trier musikalisch.

Die Informationstafeln, die nicht nur über das Leben von Zofia Klinke sondern auch über einen heutigen Kontakt mit einer Nichte von ihr, den Widerstand gegen das NS-Regime in der Vorläuferorganisation der KSJ, dem „Bund Neudeutschland“ und dem alltäglichen Elend in den Konzentrationslagern berichten, fanden großen Anklang. Ebenso eingängig betrachtet wurde eine Kunstausstellung der KSJlerin Alwine Baresch die unter anderem Kunstwerke auf Glas und Leinwand umfasst und die sich im künstlerischen Rahmen mit dem Kontext des Projektes und insbesondere mit der Massenvernichtung im Konzentrationslager Auschwitz beschäftigt.

Im „Raum der Stille“ liegt das Gewand der KZ-Überlebenden auf dem Boden, auf grauem Split, und gleich daneben steht die kreativ gestaltete Osterkerze der diesjährigen KarTage. Der Raum lädt zum Betrachten, zu Gedanken und zum Verweilen ein.

Schon in den ersten Tagen zeigte sich, welch große Kreise die Ausstellung ziehen wird. In ganz Trier gibt es wohl kaum ein Plätzchen mehr, wo nicht für das Projekt geworben wird. Ob mit Klebepunkten in der Fußgängerzone oder auf dem Domvorplatz, Flyern an allen Infopunkten der Wallfahrt oder Plakaten, die unter anderem sogar am Bahnhof aufgehängt wurden, überall wird die Aufmerksamkeit der Pilger auch auf das Gewand der Zofia Klinke gelenkt.

Und die Besucher, die kommen sind durchweg interessiert, tief bewegt und ergriffen, manche sogar zu Tränen gerührt. Die Gäste betrachten die Ausstellung sehr intensiv und oftmals verbringen sie sehr viel Zeit in den Räumlichkeiten und vor allem beim Gewand selbst. Die Resonanz ist ausnahmslos positiv und oftmals wird den Begleitern des Projektes der Dank für das Unternehmen ausgesprochen. Zudem entwickeln sich oft sehr angeregte Gespräche mit besonders aufgeschlossenen Besuchern. Sowohl die Ausstellung, die Wallfahrt an sich als auch die Jugendarbeit bieten genug Gesprächsstoff.

In den nächsten Tagen werden noch die Besuche mehrerer Großgruppen erwartet, doch das Projekt scheint sich bereits jetzt als sehr sinnvoll zu erweisen.

Es liegt so still da und zeigt doch große Wirkung….

Das Kleid der KZ-Überlebenden Zofia Klinke berührt die Menschen, die kommen. Manche haben Tränen in den Augen, wenn sie den Raum der Stille verlassen, manche legen kleine Dinge nieder: Ein Engelchen, ein Bildchen.

Es hat aber schon einen besonderen Kreis gezogen über seine unmittelbare Nähe hinaus: Eine Nicht aus den USA hat sich gemeldet, die durch Zufall über das Internet auf das Projekt „am Boden“ gestoßen ist. Hier ihre Familiengeschichte, die sie uns gemeinsam mit alten Fotos geschickt hat: Der Bruder von Zofia Klinke – ihr Vater – ist 1939 mit der polnischen Armee nach Schottland geraten, hat dort geheiratet und ist nach 1960 in die USA emigriert. Sie selbst hat die Tante noch 1969 in Polen besucht und gesehen, dass Zofia Klinke das Kleid aus dem KZ Ravensbrück aufbewahrt hat. Schon damals hat eine Studentin (nach ihr forschen wir momentan) eine Arbeit über den KZ-Aufenthalt von Zofia Klinke geschrieben. Von ihr hat sie 2007 erfahren, dass Zofia Klinke im Sterben liegt und ist dann nach Danzig gefahren. Nach der Beerdigung fand sie aber das Kleid nicht bei den Hinterlassenschaften, sie wusste ja nicht, dass ihre Tante es dem Ehepaar Müller vom Maximilian-Kolbe-Werk als Zeichen der Versöhnung überreicht hatte. Sie fand noch das Kopftuch, das ihre Tante ebenfalls im KZ tragen musste und einige Fotos und Dokumente aus der Zeit.

Wir wissen jetzt etwas mehr über Zofia Klinke: Sie ist als „Politische“ von der Gestapo auf der Straße festgenommen und dann deportiert worden. Und über ihren Charakter erfahren wir auch etwas aus der Mail der Nichte:

„Sie erklärte mir, sie fühlte sich wiedergeboren, wie ein kleines Kind, als sie von diesem schrecklichen Platz weg war….Ich konnte nur ein bisschen mit meiner Tante sprechen damals, aber damals hörte ich zum ersten Mal, was sie im KZ-Lger erlebt hatte und sie wurde mein Vorbild, meine Heldin!“

Zu einem Nachkriegsfoto, das Zofia Klinke wieder in einem gestreiften Sommerkleid zeigt, schreibt die Nichte:

„Ich dachte, das war ihr Kleid im Lager, aber ich sehe jetzt, die Streifen sind anders. Das zeigt aber, dass sie Humor hatte.“

Über das Projekt, das Kleid während der HeiligRock-Wallfahrt zu zeigen, schreibt sie: „I know she would be very proud and thrilled to know so many people will be touched by it.”

Wir haben sie natürlich eingeladen zu kommen, aber es ist zu kurzfristig für sie, leider.

Aber wir sind tief bewegt davon, dass das Kleid einer Überlebenden so viel Gutes in Bewegung setzen kann….Und auch damit erinnert es an das gerettete Gewand Jesu, das die Gemeinde – also uns – einlädt, in seinem Geist viel Gutes zu bewegen….

Zwei kleine Begebenheiten aus der Ausstellung:

Am Samstagnachmittag war ein Familienkreis da, etwa 40 Leute incl. 10 Kinder. Sie betraten ganz still den Raum der Stille, stellten sich rund um das Kleid auf, die Kinder hockten sich auf die Bänkchen. Mehrere Minuten absolute Stille. Dann leise die Frage: Dürfen wir etwas singen? Kopfnicken. Dann das Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, Bonhoeffer, alle Strophen. Dann wieder Stille. Und leises Verlassen des Raumes so nach und nach….

Heute Morgen war der Leiter der Wallfahrt hier, Dr. Georg Bätzing. Er sah sich die Ausstellung an, verweilte in Stille neben dem Kleid. „Besser kann man es kaum machen“, so sein Kommentar. Wir freuen uns über dieses Lob. Danke!

Alle Beiträge zum Projekt “Am Boden – Das Kleid einer KZ-Überlebenden ” finden sich unter dem Tag → “Am Boden”-Ausstellung